Glück für Ngo Thi Tu

Sie haben uns gezeigt, wie man Körbe aus Bambus macht und ich habe zwei Monate gebraucht, um es zu lernen – seitdem mache ich nichts anderes mehr“, sagt Ngo Thi Tu. Als sie vor 17 Jahren Kundin der vietnamesischen Mikrofi
nanzorganisation Thanh Hoa wurde, arbeitete sie noch als Viehzüchterin. Thanh Hoa richtet sich vor allem an benachteiligte Frauen mit geringem Einkommen und an Kleinst unternehmerinnen; sie bietet Kredite, Sparmöglichkeiten und Mikroversicherungen, aber auch Bildungsmöglichkeiten. Das Korbfl echten hat Ngo Thi Tu 2008 auf einer Schulung der lokalen Women’s Union kennengelernt. Es gefi el ihr so gut, erzählt sie, dass sie das Metier wechselte. Tiere hält Ngo Thi Tu allerdings immer noch, so, wie sie auch noch gemeinsam mit ihrem Mann, der Bauarbeiter ist, Land wirtschaft betreibt: Auf diese Weise können die beiden ihre Familie ernähren.

Tu fertigt die Bambuskörbe gemeinsam mit anderen Frauen für eine Fabrik. Den aktuellen Kredit von Thanh Hoa über zehn Millionen Vietnamesische Dong, umgerechnet 404 Euro, braucht sie also nicht, um Rohmaterial zu bezahlen. „Ich nutze das Geld, um meinem Sohn ein Fahrrad zu kaufen, damit er zur Schule fahren kann“, sagt sie und erklärt, wie die Kredite der Oikocredit-Partnerorganisation das Leben ihrer Familie erleichtern: „Ich kann Geld sparen und habe Rücklagen, wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, für Notfälle oder für den Fall, dass es Probleme gibt. So sind wir nicht auf Geldverleiher, die sehr hohe Zinsen fordern, angewiesen.“ Einen Teil ihrer Ersparnisse hat Ngo Thi Tu für den Bau eines Brunnens verwendet. Gut zu wirtschaften und klug mit dem Geld umzugehen, das sie durch die Kredite sparen kann, hat sie in Kursen zur finanziellen Grundbildung gelernt, die die Mikrofinanzinstitution Thanh Hoa ihren Kundinnen anbietet.

Die Rücklagen sind für Ngo Thi Tu wichtiger denn je. Die vielen Arbeitsstunden haben Rückenprobleme verursacht, mehrmals musste sie für längere Zeit in eine Klinik. Die medizinische Versorgung braucht die Korbflechterin nicht zu bezahlen, aber alle anderen Kosten laufen weiter und während der Klinikaufenthalte fällt ihr Einkommen weg. 2014 wurde bei Ngo Thi Tu eine chronische Entzündung der Nieren diagnostiziert. Jetzt hat sie zwei große Wünsche. Sie hofft, dass die Krankheit so lange unter Kontrolle gehalten werden kann, bis sie ihren sechzehnjährigen Sohn, das einzige Kind, als erfolgreichen und unabhängigen Menschen erleben kann, der seine Ausbildung beendet. Und sie hofft, dass sich ihre ökonomische Situation verbessert. Dafür braucht sie die Unterstützung von Thanh Hoa. Die Organisation, entstanden aus einem Kreditprogramm von Save the Children, war 2014 die dritte staatlich regulierte Mikrofinanzinstitution in Vietnam und ist heute die führende Mikrofinanzinstitution in Nord- und Mittel-Vietnam. Seit 2015 arbeitet Thanh Hoa mit Oikocredit zusammen.

Ngo Thi Tu ist die strahlende Frau auf dem Foto der Kampagne und sie hat den Satz bekräftigt, der es begleitet: "Geld macht nicht glücklich. Gutes Geld schon." Ihr Einverständnis kam schnell, obwohl der Weg über die Kommunikationsabteilung von Oikocredit International in Amersfoort, das Oikocredit-Regionalbüro Südostasien und die Mikrofinanzorganisation Thanh Hoa, deren Kundin Ngo Thi Tu ist, lang ist. Es erfülle sie mit Freude und Stolz, sie fühle sich geehrt, ließ Ngo Thi Tu uns wissen.

Dabei wirft ihre Lebenssituation, von der sie dem holländischen Fotografenehepaar Opmeer bei ihrem Besuch im März 2017 erzählte, auch Fragen auf. Krankheit, nicht zuletzt auch durch die Arbeit verursacht, Klinikaufenthalte, die ökonomisch prekäre Situation: Was kann Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort überhaupt bewirken, was bedeutet da ein Kredit zu verantwortungsvollen Bedingungen? Gutes Geld, sagt Ngo Thi Tu, ist der Brunnen, ein Rad für den Sohn. „Wir hoffen, dass die Kampagne in Deutschland ein Erfolg wird und mehr gute Investoren sich an Oikocredit beteiligen“, schrieb eine Mitarbeiterin der Partnerorganisation Thanh Hoa aus Vietnam.

Die Kampagne Gutes Geld haben die acht deutschen Förderkreise und die Geschäftsstelle Deutschland gemeinsam mit der Agentur Ballhaus West in Berlin auf den Weg gebracht. Wir wollen mit Motiven und Themen in den gesellschaftlichen
Diskurs über Geld und Leben einsteigen, Fragen stellen, uns positionieren und sichtbarer werden. Dass Oikocredit als Genossenschaft einen besonderen Ansatz verfolgt, spiegelt sich auch in der Kampagne. Wir wollen mit möglichst vielen Interessierten, Multiplikator*innen, Medienvertreter*innen und natürlich mit unseren Mitgliedern über Gutes Geld ins Gespräch kommen.