Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

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Über Begegnungen mit unseren Partnern und Kreditnehmer*innen erfahren Sie mehr in unserem Magazin.

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Der weite Weg zur finanziellen Inklusion - Oikocredit setzt auf enge Zusammenarbeit vor Ort

Der weite Weg zur finanziellen Inklusion - Oikocredit setzt auf enge Zusammenarbeit vor Ort

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Ulrike Lohr ist beim Westdeutschen Förderkreis seit 2010 zuständig für Regionalkoordination und Öffentlichkeitsarbeit.

Montag 04 Juli 2016

Oikocredit organisiert jedes Jahr eine Studienreise in eines der Länder, in denen die Genossenschaft sich engagiert. Im Mai hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit 14 anderen Mitarbeitenden und Vorständen der Oikocredit Förderkreise nach Ecuador zu reisen. In Kleingruppen besuchten wir mehrere Partnerorganisationen, kamen ins Gespräch mit dem Management und begegneten Kundinnen und Kunden, bzw. Genossinnen und Genossen bei ihrer Arbeit. Für mich war es eine besondere Fahrt: 2003 habe ich ein sechsmonatiges Praktikum in Ecuador absolviert und war gespannt, wie Land und Leute sich entwickelt haben.

„Mis princesas“ heißt der Bus, der uns ans nächste Ziel bringt.

Ecuador ist nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das viertärmste Land Südamerikas. Zwar ist die Wirtschaft in den letzten Jahren stetig gewachsen, aber bis heute haben große Teile der Bevölkerung nur das Nötigste zum Leben, besonders in ländlichen Regionen. Auch die finanzielle Inklusion, also die Möglichkeit, zu sparen oder einen Kredit aufzunehmen, sei es bei einer Bank, einem Mikrofinanzinstitut oder einer Spar- und Kreditgenossenschaft ist noch nicht flächendeckend verwirklicht: Nur 46 Prozent der Ecuadorianer haben Zugang zu finanziellen Dienstleistungen. Die Regierung möchte das Mikrofinanzwesen fördern und hat bereits 2011 die Mikrofinanzinstitute dem staatlichen Aufsichtsorgan SEPS unterstellt. Außerdem wurden Kreditbüros (vergleichbar der Schufa in Deutschland) und eine Zins-Höchstgrenze von 30 Prozent eingeführt.

Oikocredit hat 1978 in Ecuador den ersten Kredit überhaupt vergeben. Damals betrat die Genossenschaft Neuland. Heute ist Oikocredit einer von mehreren internationalen Investoren in Ecuador. Aber wie in anderen Ländern auch, ist die Genossenschaft die einzige mit einem Länderbüro vor Ort. Die drei Mitarbeitenden betreuen aktuell 24 Partnerorganisationen, davon 19 aus dem Mikrofinanzsektor. Auf unserer Studienreise konnten wir erleben, wie diese Zusammenarbeit aussieht und wie eng der Kontakt mit den Partnern ist. Unsere Gruppe hat zwei Mikrofinanzinstitutionen besucht: Banco D-MIRO und Fundación FACES.

Wichtiger Partner in der Krise

D-MIRO hat ihren Hauptsitz in Ecuadors größter Stadt Guayaquil und mehrere Filialen auf dem Land, zwei davon in dem vom Erdbeben 2016 betroffenen Gebiet. Obwohl die Mitarbeitenden seit Wochen durcharbeiten, nimmt sich das Management für uns Zeit. „Oikocredit ist für uns ein wichtiger Partner, besonders in Zeiten der Krise. Denn hier zeigt sich, dass es beiden Organisationen wirklich um soziale Verbesserungen geht“, erklärt Hugh Sinclair, Mitglied des Vorstands. Die Bank ist ein Pionier der sozialen Finanzdienstleistungen. Neben den „normalen“ Mikrokrediten bietet D-MIRO spezielle Kredite für Menschen mit Behinderungen, für Menschen mit HIV/AIDS, Start-up Kapital für Frauen sowie spezielle Wohnungsbaukredite. Letztere ein Geschäftsfeld, für das D-MIRO nach dem Erdbeben großen Bedarf sieht, und für das sie nach Möglichkeit ein spezielles Programm für verbilligte Kredite auflegen möchte.  

Fundación FACES in Loja im Süden des Landes legt den Schwerpunkt auf Finanzdienstleistungen für Menschen in ländlichen Gebieten. Wir sind beeindruckt von den Methoden, mit denen die Bank ihre Zielgruppen analysiert. In den Gemeinden, in denen die  Armut am größten ist und Frauen besonders benachteiligt sind, baut FACES nach und nach neue Filialen auf. „Wir sind dort in der Regel die Einzigen. Andere Banken und MFI halten das Geschäft dort für schlicht zu aufwendig und risikoreich. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir grade dort besonders viel bewirken können.“, erklärt uns Luis Palacios, Geschäftsführer von FACES.

Helfen Mikrokredite, um sich aus der Armut zu befreien? Drei Perspektiven

Auf unserer Reise haben wir Kundinnen und Kunden der Mikrofinanzinstitute getroffen. Sie öffneten uns ihre Häuser und waren bereit, uns ihre Geschichten zu erzählen. Für mich stellte sich immer auch die Frage, die in den letzten Jahren viel diskutiert wurde: Helfen Mikrokredite, sich aus der Armut zu befreien? Mein – anekdotisches – Fazit: Es kommt u.a. darauf an, welchen Beruf die Menschen ergreifen, in welcher (Familien)situation sie sich befinden und ob sie unternehmerisch zu handeln wissen. Mich beeindruckte aber jedes Mal der Stolz, mit dem die Menschen von ihrer Arbeit sprachen. Für sie waren wir Fremden nicht diejenigen, die Hilfsleistungen brachten, sondern Menschen, mit denen sie ihr Erreichtes teilen konnten: ihre Lebensgrundlage, die sie sich selbst aufgebaut hatten.

Angel Yaguana – Pachtbauer

Angel Yaguana ist Landwirt. Er hat 1,5 Hektar Land gepachtet auf denen er gemeinsam mit seiner Frau und seinem erwachsenen Sohn Mais, Süßkartoffeln und Alfalfa anpflanzt. Die Familie lebt vom Verkauf der Feldfrüchte. Seit zehn Jahren ist Angel Yaguana Kunde von FACES. Jedes Jahr erneuert er seinen Kredit, um Saatgut, Jungpflanzen, Dünger und Pflanzenschutzmittel zu kaufen. Da durch das gleichbleibende Klima am Äquator mehrere Ernten im Jahr möglich sind, hat die Familie kein hohes, aber ein stabiles Einkommen. Sparen kann sie hingegen kaum. Neben den Lebensunterhaltskosten und Zinszahlungen für den Kredit muss Angel Yaguana 30 Prozent der Einnahmen an den Landbesitzer zahlen. Da Land auch in Ecuador teuer ist und ein Hektar Land je nach Lage mehrere Zehntausend Dollar kostet, kann es sich die Familie nicht leisten, selbst Land zu erwerben. Die Mikrokredite helfen ihnen nicht, reich(er) zu werden. Aber sie ermöglichen eine verlässliche finanzielle Planung. Nach den Plänen des Sohnes gefragt, antwortet Angel Yaguana: „Er ist Bauer. So wie ich.“

Maria Riofrío – Schneiderin

Maria Riofrío träumte schon als Kind davon Schneiderin zu werden. Sie hatte Glück und konnte bei den besten Schneiderinnen ihrer Stadt lernen. Nach ihrer Hochzeit beschloss sie, sich selbständig zu machen und in dem neuen Haus der Familie eine kleine Schneiderei zu eröffnen. Das ermöglichte ihr, Beruf und Familie besser zu vereinbaren und für ihre Töchter da zu sein. In den ersten Jahren war es eng, ihr Mann baute das Haus erst nach und nach fertig. Eltern und Kinder schliefen in einem Zimmer, um den zweiten Raum als Schneideratelier nutzen zu können. Maria Riofrío erwarb sich rasch einen guten Ruf und hatte viele Aufträge. Doch ihre Nähmaschine erhitzte sich schnell und war für einige Arbeiten nicht geeignet. Mithilfe eines Kredites von FACES erwarb die Schneiderin eine Industrienähmaschine. Außerdem stellte sie eine junge Näherin ein, die von ihr lernte. Folgekredite nutzt sie für Ankäufe von Stoffen, zum Beispiel von Brautkleidern, deren Kosten von 300-500 Dollar Maria Riofrío erst vorstrecken muss. Sie ist zufrieden mit ihrem Leben. Dank der Kredite konnte sie ihren Traumberuf ergreifen und gemeinsam mit ihrem Mann genug verdienen, um ihren beiden Töchtern ein Studium zu ermöglichen. Ihre zwei Töchter werden ihr Geschäft nicht übernehmen. Sie haben inzwischen feste Jobs in der Stadt.

Edgar Marizuca – Handwerker

Edgar Marizuca ist Handwerker für Innenausbau und Stuckarbeiten. Seine Frau Paulina kümmert sich um die Finanzen und führt neben der Werkstatt ein kleines Geschäft für Baustoffe. Marizuca stammt aus einer sehr armen Familie vom Land. Mit 17 Jahren ging er in die Stadt Loja, wo er für mehrere Jahre bei einem Stuckateur arbeitete. Vor zehn Jahren heiratete er. Ein Jahr später wurde er arbeitslos. Edgar Marizuca nutzte die Krise als Sprungbrett: Er nahm einen Kredit auf, um sich selbständig zu machen.  Sein erster Kredit betrug 700 USD, der zweite 1.500 USD. Da das Geschäft sehr gut lief, konnte er nach wenigen Jahren einen Kredit über 20.000 USD  aufnehmen, um ein Grundstück für ein eigenes Haus mit Werkstatt und Verkauf zu bauen. Heute hat der Betrieb fünfzehn Mitarbeiter. Mit dem derzeitigen Kredit über 45.000 USD stellt die Familie ihr Haus fertig und plant den Aufbau eines weiteren Betriebes in der benachbarten Provinz.  Eine der beiden Töchter möchte schon jetzt in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Ihr Berufswunsch: Architektin.  Arm ist die Familie definitiv nicht mehr, denn ihr monatliches Einkommen liegt zwischen 1.500 und 2.000 US-Dollar. Inzwischen könnte Edgar Marizuca auch einen Kredit bei den konventionellen Banken erhalten. Trotzdem blieb er bislang FACES treu: „Wir kennen uns gut und die Kreditvergabe erfolgt immer schnell und unkompliziert. Das schätze ich sehr“.

Auch wenn Ecuador bis heute zu den ärmsten Ländern Südamerikas gehört, hat mich die Entwicklung der letzten 13 Jahre beeindruckt. Der Mehrzahl der Leute geht es heute besser und die extreme Armut ist deutlich gesunken. 2003 kam ich in Ecuador erstmals – privat – in Kontakt mit einem kleinen Mikrofinanzinstitut, in einem Sektor, der damals noch in den Babyschuhen steckte. Die finanzielle Inklusion ist zwar längst noch nicht abgeschlossen, aber der Besuch bei den beiden Mikrofinanzinstituten und einigen ihrer Kundinnen und Kunden hat gezeigt, wohin der Weg führen kann. Und welches Potenzial in dem Instrument Mikrofinanzierung steckt.

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Kontakt

Oikocredit Westdeutscher Förderkreis e.V.
Bundeskanzlerplatz 2D
D-53113 Bonn
workT: +49 228 3040 6384

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