Oikocredit Generalversammlung 2014 in Peru
Mit Besuch beim langjährigen Oikocredit-Partner Norandino
Die diesjährige Generalversammlung von Oikocredit fand im Juni in Peru statt. Der Versammlungsort im Norden des Landes war ausgewählt worden, um u.a. die Kooperative Norandino, deren 6.000 Mitglieder vor allem Kaffee und Kakao anbauen, besuchen zu können. Norandino (früher Cepicafé) ist langjähriger Partner von Oikocredit. Mit dem letzten Darlehen über 400.000 US Dollar hat Norandino eine Verarbeitungsanlage für Kaffee und Kakao gebaut, um die Produkte exportfertig zu machen. Auch ein Labor mit einer Verköstigungsanlage zur Bestimmung der Qualität von Kaffee- und Kakaobohnen gehört dazu.
Kakaobauer Rivero Olemar ist rundum zufrieden mit seiner Genossenschaft, die Fair Trade zertifiziert ist. „Wir erhalten feste Preise für unsere Kakaobohnen, das gibt mir Planungssicherheit. Außerdem habe ich noch ein weiteres Einkommen durch eine Anstellung in der Verarbeitungsanlage. Allen meinen Kindern kann ich eine Ausbildung finanzieren, meinen beiden Söhnen habe ich ein Taxi gekauft, mit dem sie ihr eigenes Einkommen erwirtschaften. Aber am Wochenende helfen sie mir bei der Pflege und Ernte auf dem Feld.“
Kein Land für Rivero Olemar
Die Genossenschaft hat Rivero Olemar bei der Umstellung auf Bio-Anbau geholfen. Überhaupt bietet Norandino ihren Mitgliedern vielfältige Dienstleistungen: jede Art von Fortbildung im Bereich Anbau und Pflege, Kreditprogramme für die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion, zur Vorfinanzierung der Ernten, Familienhilfen für medizinische oder Schulausgaben, und auch Lebensversicherungen. Natürlich unterhält die Genossenschaft auch Gemeinschaftseinrichtungen wie Versammlungsräume und Trocknungsanlagen. Es klingt fast nach einem Rundherum-Sorglos-Paket, an dem Oikocredit durch die Finanzierung der Kreditprogramme z.B. nicht ganz unbeteiligt ist.
„Unser Kakao hat eine sehr gute Qualität,“ sagt Rivero Olemar selbstbewusst. „Dank der intensiven Pflege meiner kleinen Fläche liegt die Produktivität bei über 1.000 kg pro Hektar.“ Bei diesen Zahlen muss der Oikocredit- Mitarbeiter aus Côte d’Ivoire, auch er Teilnehmer der AGM und Projektbesucher, schlucken; in seiner Region liegt die Produktivität um 400 kg pro Hektar.
Wermutstropfen in der Erfolgsgeschichte von Rivero Olemar: Er würde gern ein weiteres Stück Land zu seinen 0,75 Hektar erwerben, findet aber in der Nähe kein geeignetes Bewässerungsland mehr, weil auch in Peru, wie in vielen anderen Teilen der Welt, ausländische Investoren Land in großem Stil aufkaufen. Sie bauen darauf Weintrauben, Bananen oder Mangos für den Export in die USA und nach Europa an.
Capacity Building finanzieren
Der Besuch bei Norandino hat deutlich gezeigt, wie wichtig „capacity building“ (Beratung und Schulung) und die Förderung landwirtschaftlicher Produktionsketten für eine nachhaltige Entwicklung sind. Oikocredit hat allein im letzten Jahr drei Millionen Euro für 130 verschiedene Beratungs- und Schulungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Ein Teil der von Oikocredit bereitgestellten Mittel stammte bisher aus Zuschüssen von der Niederländischen Regierung und der Schwedischen Kirche. Diese Mittel werden zurückgehen, so dass Oikocredit neue Mittel und Wege erschließen muss, Beratungsmaßnahmen zu finanzieren. Dies könnte zum Teil durch Kooperationen mit verwandten Organisationen oder auch durch den Einsatz von ehrenamtlich tätigen Experten aufgefangen werden. Zusätzliche interne Mittel werden eher nicht in größerem Maße dafür eingesetzt werden können, da sich die Kostenstruktur von Oikocredit möglicherweise ändern könnte.
Die Generalversammlung in Peru hat ausführlich über dieses Thema diskutiert. Weltweit nimmt die Regulierung im Finanzsektor zu. Das ist einerseits zu begrüßen, erhöht aber andererseits Personalaufwand und Kosten für zum Beispiel Rechtsberatung erheblich. Das international niedrige Zinsniveau beeinflusst zudem die Kreditvergabe von Oikocredit. Um auf lokalen Märkten konkurrenzfähig zu bleiben, muss Oikocredit die Zinsen für ihre Darlehen anpassen. Zwar schätzen viele Partner immer noch die nicht-monetären Vorteile der Oikocredit- Darlehen, wie weniger Aufwand, schnelle Bewilligungsverfahren, Beratung und andere soziale Angebote, doch bleibt Konkurrenz eine Herausforderung.
Das Geschäftsjahr 2013 hat Oikocredit erfolgreich abgeschlossen und die Generalversammlung eine Dividende von zwei Prozent für 2013 beschlossen. Mit Stand Ende Juni 2014 sind Finanzierungen von 611 Millionen Euro an 806 Partnerorganisationen in 63 Ländern vergeben, davon sind 556 Mikrofinanzinstitutionen (MFI). Das Portfolio in der Landwirtschaft wächst langsam aber stetig, wobei auch 24 Prozent der KundInnen der MFI in der Landwirtschaft tätig sind. Bei der Finanzierung landwirtschaftlicher Betriebe legt Oikocredit den Fokus auf die Förderung der gesamten Produktionskette, also von der Erzeugung bis zur Verarbeitung. Das eröffnet den Produzenten Absatzmärkte, Mehrwert wird im Land erwirtschaftet und Arbeitsplätze werden geschaffen.
De Vivero neue Präsidentin
Norandino ist dafür ein gutes Beispiel, ebenso wie die Genossenschaft Central Lanera in Uruguay (CLU), die Wolle von etwa 2.500 Bauernfamilien aufkauft und verarbeitet. Die Genossenschaft bindet die Kleinbetriebe in eine wettbewerbsfähige Produktionskette ein und verbessert damit die soziale und wirtschaftliche Situation der Familien. Oikocredit hat dem langjährigen Partner CLU neulich eine Kreditlinie von 6 Millionen US Dollar bewilligt, von der CLU im Frühjahr 1 Million Dollar für Betriebskapital abgerufen hat. Die mit Frank Rubio in Peru neu geschaffene Stelle des Agrarreferats wird die Regionalbüros von Oikocredit dabei unterstützen, lokal angepasste Strategien für die Finanzierung landwirtschaftlicher Produktionsketten zu entwickeln und den Austausch unter den regionalen Mitarbeitenden zu fördern.
Die Generalversammlung hat umfangreiche Satzungsänderungen beschlossen, die dem ehrenamtlich tätigen Vorstand den Status eines Aufsichtsrates geben. Dies war aus rechtlichen Gründen notwendig, bildet aber die längst praktizierte Realität ab, da der Vorstand das operative Geschäft zwar kontrollieren kann und muss, aber nicht mehr aktiv ausführen kann. Und Oikocredit hat eine neue Präsidentin: Jacinta Hamann de Vivero aus Peru folgt Salome Sengani aus Südafrika nach.
Ulrike Chini, Geschäftsführerin Oikocredit Westdeutscher Förderkreis
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