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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

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Grüne Taxonomie für Transparenz

Grüne Taxonomie für Transparenz

Ulrike Lohr

Ulrike Lohr ist beim Institut SÜDWIND zuständig für den Bereich Nachhaltige Geldanlagen.

Donnerstag 11 November 2021

Definierte Kriterien für Nachhaltigkeit, Offenlegungspflichten, Vereinheitlichung, mehr Transparenz: Die neuen EU-Richtlinien werden einen spürbaren Wandel bewirken, sagt Ulrike Lohr. Die Expertin für nachhaltige Geldanlagen beim Südwind-Institut hat auch an der aktuellen Bond Portfolio Policy von Oikocredit mitgewirkt.

Interview: Marion Wedegärtner

Wie ist die Ausgangslage, auf deren Grundlage Veränderungen stattfinden und stattfinden müssen?

Ulrike Lohr: Bis heute werden nur etwa 6,8 Prozent der Fonds in der Bundesrepublik unter Einbezug von Nachhaltigkeitskriterien gemanagt. Doch welche Kriterien wie angewendet werden, variiert beträchtlich. Viele schließen nur die kontroversesten Unternehmen, wie beispielswei­se Produzenten von ABC-­Waffen aus, andere nutzen zusätzlich eine so genannte „best in class“-Strategie, die die nachhaltigsten Unternehmen der jeweiligen Branche belohnt, andere wiederum schließen inzwischen ganze Branchen, wie zum Beispiel fossile Energien aus. Was bis heute fehlt, sind vergleichbare Standards. Man kann beispielsweise aktuell in Nachhaltigkeitsfonds investieren, die in ihrem Portfolio Unternehmen haben, die Ölsande abbauen, eine der klimaschädlichsten Technologien überhaupt. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, jedenfalls nicht mit dem Prädikat „nachhaltig“. Dabei gehen starke Impulse von der EU aus, die 2019 die Sustainable Finance Strategie verabschiedet hat. Für den Investitionsplan des Green Deal, mit dem die EU bis 2050 Klimaneutralität erreichen will, wird in diesem Jahrzehnt eine Billion Euro mobilisiert werden müssen. Die EU versucht momentan, nicht über Zwangsmaßnah­men, sondern über Kategorisierungen und Transparenz zu erreichen, dass der Finanzmarkt seinen Beitrag leistet.

Was verändert sich dadurch aktuell auf dem europäischen Finanzmarkt, wie wird die Strategie umgesetzt?

Ulrike Lohr: Die Umsetzung dieser Strategie geschieht auf mehreren Ebenen. Ab 2022 beispielsweise sind Anlageberater*innen verpflichtet, ihre Kund*innen proaktiv zu fragen, welche Nachhaltigkeits­-Präferenzen sie haben. Darauf bereitet sich der gesamte Markt momentan vor. Seit 10. März 2021 ist die SFDR­-Ver­ordnung in Kraft. Alle Anbieter von Fonds in Europa müssen jetzt offenlegen, ob und wie sie Nachhaltigkeits­risiken auf allen Ebenen ihrer Tätigkeit beachten. Dabei werden Finanzprodukte in drei Kategorien eingeteilt, je nachdem, ob sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihrem Kriterien­-Ansatz zu Umwelt, Sozialem und Government überhaupt berücksichtigen, sie verbindlich berücksichti­gen und/oder darüber hinaus ein klares nachhaltiges Anlageziel verfolgen. Die Offenlegung wird es Anleger*in­nen ermöglichen, Finanzprodukte zu vergleichen und ihre Nachhaltigkeit zu prüfen. Zusätzlich plant die EU die Einführung eines ECO-­Labels, das besonders grüne Fonds auszeichnen soll. Auch die BaFin hat gerade einen Vorschlag vorgelegt, der vorsieht, dass künftig Fonds, die als nachhaltig beworben werden, mindestens 75 Prozent ihrer Anlagen nach sozialen und ökologi­schen Kriterien investieren.

Wie und wo werden die Kriterien dafür festgelegt, was künftig als nachhaltig gilt?

Ulrike Lohr:Basis ist die grüne Taxonomie, ein euro­päisches Regelwerk, das es ermöglicht, wirtschaftliche Aktivitäten anhand definierter Kategorien als umwelt­freundlich oder eben nicht zu beurteilen. Diese Taxo­nomie folgt sechs Zielen, eine technische Expert*innengruppe formuliert Vorschläge, wie die zu erreichen sind: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhalti­ge Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität. Bis jetzt sind die Anforderungen für die ersten zwei Umweltziele ausformuliert, die weiteren sind in Arbeit. Als konform zu diesem Regelwerk gelten Wirtschaftsaktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der Ziele leisten und der Erreichung der anderen nicht entgegenstehen. Das Interessante an der grünen Taxonomie ist, dass es wirklich ans Eingemachte geht, dass es um Details geht. Da treffen sehr unterschiedliche Interessen aufeinander, da wird viel gestritten,
beispielsweise darüber, ob Atomkraft als nachhaltig gilt. Die Technical Expert Group hat „Nein“ gesagt, es gibt aber Staaten in der EU, die sich sehr dafür einset­zen, Atomkraft doch als nachhaltig zu klassifizieren.

Das Ganze hat ja zum Ziel, nachhaltige Investitionen zu fördern. Worin liegt der Anreiz für Unternehmen, sich taxonomiekonform zu verhalten, um in Nachhaltigkeitsfonds aufgenommen zu werden?

Ulrike Lohr:Das Interesse der Bürger*innen an nach­haltigen Produkten in der EU wächst. Wenn ab nächs­tem Jahr die Anleger*innen gefragt werden, ob sie ein nachhaltiges Produkt möchten und diese Frage von zunehmend mehr Menschen mit Ja beantwortet wird, wird das Angebot größer werden müssen. Für die Unternehmen gibt es im übrigen eine weitere Direktive, das CSR-­Richtlinienumsetzungsgesetz. Insbesondere große börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen müssen künftig verstärkt Auskunft über nicht­finanzielle Aspekte ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit geben. Das wird hoffentlich nicht nur mehr Transparenz zur Folge haben, sondern auch bewirken, dass sich die Unternehmen selbst stärker mit ökologi­schen und sozialen Mindeststandards beschäftigen müs­sen, wenn sie in nachhaltige Fonds kommen wollen. Diese Berichtspflicht ist eigentlich ein Riesenthema. Bei den Unternehmen und im Finanzmarkt wird es sehr aufmerksam verfolgt, in der Öffentlichkeit kaum, obwohl zu erwarten ist, dass Unternehmen und Finanzbranche große Änderungen bevorstehen.

Du hast soeben soziale Mindeststandards angesprochen. Muss nachhaltig nicht eigentlich automatisch auch sozial sein? Reicht die Berücksichtigung sozialer Kriterien in der grünen Taxonomie eurer Einschätzung nach aus?

Ulrike Lohr: Es gibt soziale Mindeststandards innerhalb der Taxonomie. Taxonomie konforme Aktivitäten dürfen nicht gegen die Menschenrechte verstoßen oder Kor­ruption zulassen. Kinderarbeit, Zwangsarbeit sind nicht zulässig. Aber das ist zu wenig. Deswegen hat jetzt eine Arbeitsgruppe einen Vorschlag für eine soziale Taxonomie formuliert und zur Diskussion vorgelegt. Wie sähen denn soziale Kategorien aus? Was ist gute soziale und menschenrechtliche Praxis von Unternehmen? Welche Produkte und welche Sektoren haben das Potenzial, einen besonderen sozialen Nutzen zu bringen? Ein Beispiel wäre ein pharmazeutisches Unternehmen, das auch für arme Bevölkerungsgruppen zugängliche Medikamente herstellt.

Die Fragestellung würde sich ändern, erweitern. Sie würde nicht mehr lauten: Ist das eine nachhaltige Investition ohne Kinderarbeit, sondern: Ist das eine, die für nachhaltige Stromversorgung für benachteiligte Gruppen sorgt? Welche positiven Effekte für die Wah­rung von Menschenrechten könnten Unternehmen leisten? Worin könnte der zusätzliche Nutzen für Mensch und Umwelt liegen? Das wäre ein Paradigmenwechsel. Als Orientierungsrahmen gibt es die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN (SDG) ebenso wie die UN Leit­prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Momen­tan steht die soziale Frage weit hinten an. Die Klimabe­wegung ist größer. Aber über die Mindeststandards hinaus die soziale Dimension mitzudenken, das ist eine Riesenchance.

Fotocredits: Kolja Matzke

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