Kaffeeproduktion in Ecuador
Mittwoch 20 September 2017
„Bio ist mehr als ein Zertifikat. Es ist eine Haltung, Herzenssache. Wir haben uns bewusst entschieden, keine schädlichen Düngemittel mehr einzusetzen, sie machen alles kaputt”, sagt Miguel Mosquera beim Gang durch seine Kaffeeplantage. Das fortwährende Summen der Bienen unterstreicht seine Sätze: Es ist ein klares Zeichen dafür, dass hier organisch angebaut wird.
Miguel Mosquera ist Kaffeefarmer in der Provinz Loja im Süden Ecuadors und Mitglied von APECAEL. Die Kooperative ist dem Dachverband FAPECAFES angeschlossen, der seit 2011 mit Oikocredit zusammenarbeitet. FAPECAFES unterstützt die Genossenschaften der Kaffeeanbaubetriebe in der Region und produziert darüber hinaus Bananenchips für den Fairen Handel. Miguel Mosquera ist keine Ausnahme. Die Farmer vor Ort greifen die Initiative des Dachverbands, organischen Anbau und entsprechende Verfahren zu fördern, aus Überzeugung auf. Alle Bäuerinnen und Bauern, die mit FAPECAFES zusammenarbeiten, haben Bio-Zertifikationen. Die Organisation hat seit 2003 das Fair Trade-Siegel der FLO (Fair Trade Labelling Organisation). Es garantiert, dass alle Produkte aus kleinbäuerlichen Betrieben kommen, die eine Fair Trade-Prämie erhalten.
Die Farm, die Miguel Mosquera bewirtschaftet, liegt auf den Hügeln mit Blick auf den 1.600 Meter hoch gelegenen Ort Vilcabamba, was auf Quechua so viel heißt wie „Heiliges Tal“, im Volksmund auch „das Tal der Hundertjährigen“ oder „Tal der Langlebigkeit“ genannt. Ob das Klima, gesunde Lebensweise, Bewegung – oder, wie nach jüngsten Studien vermutet, einfach phantasievoll gestaltete Altersangaben die Ursache sind, bleibt dahingestellt. Für den Anbau hochwertigen Kaffees ist das warme, feuchte Klima in großer Höhe allemal bestens geeignet.
Vilcabamba ist 45 Minuten Fahrzeit von Catamayo entfernt, Lojas zweitgrößter Stadt. Hier steht die zentrale Verarbeitungsanlage von FAPECAFES. Gewaschen und getrocknet werden die Kaffeefrüchte vor Ort auf den Plantagen, anschließend kommen die Bohnen in Sammelstellen zur ersten Qualitätsprüfung ins Labor, ehe sie nach Catamayo transportiert werden. Dort werden sie nach Größe und Qualität sortiert. Die internationalen Käufer wollen eine bestimmte einheitliche Größe der Kaffeebohnen. Was aus dem Raster fällt, wird auf dem lokalen Markt verkauft, auf dem Inlandsmarkt wird der Kaffee unter dem Markennamen Café Victoria gehandelt. In der Regel kosten die internationalen Aufkäufer den Kaffee direkt bei FAPECAFES und ordern sofort. Verantwortlich dafür, dass Qualität und Aroma des Kaffees auf hohem Level bleiben, ist José Apolo, Qualitätskontrolleur bei FAPECAFES.
Die Rolle von FAPECAFES
Unter dem Dach von FAPECAFES sind fünf Kooperativen zusammengeschlossen, der Kontakt zu den angeschlossenen 1.200 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ist eng. Der Kaffee wird ausnahmslos organisch angebaut und Fair Trade gehandelt. Die Bohnen kommen aus drei Provinzen in Süd-Ecuador, Loja, El Oro und Zamora Chinchipe. Der Dachverband FAPECAFES hat vor allem ein Ziel: Er will die Lebensbedingungen der Mitglieder verbessern. Voraussetzung dafür ist die Hochwertigkeit des Kaffees, nur dann ist er für Nischenmärkte interessant. Um das zu erreichen, bietet FAPECAFES technische Unterstützung und gezielte Projekte, die von der Regierung, inländischen und ausländischen Institutionen gesponsert werden. Die Größe des Dachverbands und seine Produktivität ermöglichen es zudem, bessere Preise für die Farmer auszuhandeln.
Vinicio Martinez, der Präsident von FAPECAFES, ist selbst Kaffeefarmer. „Der Dachverband hilft Leuten wie uns, die benachteiligt sind und das auch so wahrnehmen, unsere Träume zu realisieren“, sagt er und setzt nach: „Wir Kleinbäuerinnen und Kleinbauern können so viel dazu beitragen, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse positiv verändern.” Die Unterstützung, die FAPECAFES anbietet, ist für die Betriebe der Region von entscheidender Bedeutung, denn die Infrastruktur ist bescheiden und die Farmen in großen Höhen sind schwer zu erreichen. Miguels Farm beispielsweise liegt so, dass er bei schlechtem Wetter die Kaffeeernte mit Eseln zur Sammelstelle transportieren muss.
Viele der Farmer hatten zudem in den letzten Jahren mit dem Kaffeerost zu kämpfen, einer Pilzerkrankung, die die Kaffee-Plantagen in Lateinamerika dezimiert hat und 2012 epidemische Ausmaße erreichte. Viele Anbaubetriebe in der Region hatten keine Möglichkeit, die Krankheit irgendwie unter Kontrolle zu bekommen und nur uneffektive Pilzbekämpfungsmittel zur Verfügung. Der Genossenschaftscharakter von FAPECAFES war ausschlaggebend dafür, dass die Bäuerinnen und Bauern staatliche Hilfen bekamen. Mitglieder wie Miguel Mosquera profitierten von einer ganzen Reihe Initiativen. Sie bekamen Samen für neue Kaffeesorten, um ihre Plantagen zu erneuern und kostenlos neue technische Ausrüstung.
Kaffee und andere Einkommensquellen
FAPECAFES unterstützt die Bäuerinnen und Bauern auch dabei, ihre Pflanzungen instand zu halten. Böden können irgendwann ausgelaugt sein und Kaffeepflanzen müssen alle zehn bis 15 Jahre erneuert werden, damit sie genügend Ertrag bringen. Die Mitglieder der Kooperative besitzen durchschnittlich eine landwirtschaftliche Fläche von 1,5 Hektar, auf der hauptsächlich Kaffee angebaut wird. Daneben kultivieren sie Zuckerrohr, Yucca, Bananen, Kochbananen, Kokosnüsse, Guaven, Orangen, Avocados und Zitronen für den Eigenbedarf und für den Kleinhandel, damit sie alternative Einkommensquellen haben.
Die Kreditlinie, die Oikocredit seit 2011 bereitstellt, ermöglicht es FAPECAFES, die Bäuerinnen und Bauern sofort zu bezahlen, wenn sie ihre Erzeugnisse abliefern. FAPECAFES-Präsident Vinicio Martinez erläutert: „Ohne die Finanzierung durch Oikoredit wären die Farmer gezwungen, ihre Produkte an Zwischenhändler zu verkaufen. Die haben das Geld, sie sofort zu bezahlen. Allerdings behalten sie für gewöhnlich einen großen Anteil für sich, entsprechend geringer ist der Preis, den die Bauern bekommen.” Der Kleinbauer Miguel Mosquera geht noch weiter: „Oikocredit hat uns das Leben gerettet, denn wir bekommen das Geld dann, wenn wir es brauchen. Dafür sind wir sehr dankbar.“